Dienstag, 5. Juni 2012

Nicht (ganz) von Pappe: Die Trabi-Story


Unterschiedliche Verpackung, (fast) gleicher Inhalt: Trabi-Bücher von Matthias Röcke
Manche Leute meinen, mein Auto sei ein rollender Witz. Ich mach's kurz: Ja, es hat zwei Zylinder, 600 cm³ Hubraum und 26 heitere PS. Ich fahre einen Trabant 601 – und wäre der nicht so entsetzlich rostanfällig (aus „Pappe“ bzw. Duroplast besteht nur die Außenhaut, darunter verbirgt sich eine Stahlblechkarosserie), wäre ein Leben mit ihm fast schon übertrieben spaßig.

Die Trabi-Story (Parragon Verlag)
Schon seine Geschichte ließe sich zweifellos auf den Plot eines schmierigen Politkrimis herunterbrechen: Tapfere Ingenieure entwickeln gegen den Willen der herrschenden Partei ein Auto und bringen es sogar bis zur Serienreife. Ein Auto, dessen Aufstieg und (Ver)fall zum Symbol für das ganze Land wird.

Die Trabi-Story (Parragon-Verlag)
Stimmt. Und stimmt auch wieder nicht. Denn derart schrill ist die Geschichte des Trabant nur zum Teil. Matthias Röcke hat mit seinem Buch Die Trabi-Story als einer der ersten eine gesunde Synthese aller Trabi-Aspekte geschaffen, ohne in blindwütige „Ostalgie“ oder historische Verklärung zu verfallen. Von der Vorgeschichte um den AWZ P70 spannt er den Bogen über die leise Evolution der verschiedenen Modelle P50, P60 und 601 hin zu erstaunlichen, nicht verwirklichten Projekten und Prototypen. Unzählige Fotos und Prospekt-Auszüge illustrieren das Werk.

Trabant – Alle Modelle (Heel)
Das Buch erlebte beim Heel Verlag zwei Auflagen, eine ursprünglich angekündigte 3. Auflage erschien aber nicht mehr. Statt dessen verkaufte der Verlag eine Lizenz an den Parragon Verlag, der so die Fassung der 2. Auflage unverändert nachdruckte. Format (nun 24,5 x 19,5 statt vorher 30 x 21) und Preis (4,99 Euro) wurden dabei der Größe von Kaufhaus-Wühltischen angepasst. Inhaltlich befindet sich das Werk nach wie vor auf dem Stand von 2004. 

Aufbrechende Klebebindung in
"Trabant – Alle Modelle" (Heel)
Doch Heel brauchte ja wieder ein Trabi-Buch im Programm. In der Reihe „Autos, die noch Typen waren“ schob der Verlag den Titel Trabant – Alle Modelle nach. Dass es sich dabei lediglich um eine sowohl text- als auch bildlich abgespeckte Version der Trabi-Story handelt, schwächt das Profil der ganzen Reihe. Schade, vor allem angesichts des Preises von 14,95 Euro. Die Trabi-Story kostet dagegen nur ein Drittel und ist ausführlicher. Zudem ist sie schöner gestaltet und enthält mehr Bildmaterial. Sogar bei der Verarbeitung  (Hardcover, Fadenheftung) kann die billig-Ausgabe punkten. Der Cousin mit dem seltsamen Reihentitel ist zwar auch ein Hardcover, doch eine aufbrechende Klebebindung und eher mittelmäßige Druckqualität (übersättigte Farben) machen keinen guten Eindruck. Lieber Heel-Verlag, soll das ein Witz sein?

Matthias Röcke: Die Trabi-Story. 144 Seiten, Format 24,5 x 19,5 x 1,4 cm, Hardcover, Parragon Verlag, 4,99 Euro, ISBN 978-1-44546-266-0

Matthias Röcke: Trabant – Alle Modelle (Reihe "Autos, die noch Typen waren"). 112 Seiten, Format 27,5 x 22 x 1,4 cm, Hardcover, Heel, 14,95 Euro, ISBN 978-3-86852-372-0

2 Kommentare:

  1. Kurz und knackig - schönen Dank. Wir des mehr Buchkritiken aus der Trabant Ecke geben?

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  2. Aber natürlich – Trabi-Bücher sind schließlich mein liebstes Sammelgebiet! ;-)

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