Freitag, 11. Februar 2011

Auto – Das große Sammelsurium

Bild: riva Verlag

„Auto – Das große Sammelsurium“ von Thomas Pospiech ist, was es ist: Ein großer Basar automobiler Anekdoten. Sowohl der wichtigen als auch der eher überflüssigen: Endlose Sammlungen der „größten“, „schnellsten“, „witzigsten“ und wie auch immer gearteten Automobil-Begriffe stehen neben Basisinformationen über Wankeltechnik, einer kurzen Geschichte der Autobombe, Frauen und Führerscheine, einem Überblick über die deutschen Automobilclubs und deren Geschichte sowie „volkstümlich-mobiles Liedgut“ von Walter Scheel bis Nino de Angelo. James Bond-Autos und Donalds 313er fehlen natürlich auch nicht.

Aber wozu das alles? Sicher, Pospiech ist ein nettes Sammelsurium (ein anderes Wort fällt auch mir nicht ein) gelungen, das einem gestressten Manager im ICE von München nach Hamburg viel Vergnügen bereiten kann. Wer aber ohnehin regelmäßig in der Automobilgeschichte umher flaniert und sich etwas besser auskennt, bemerkt schnell die Grenzen seiner Konstruktion: Es scheint, als müsse wirklich jede Information, die in dem Buch auftaucht, kritisch und auf ihre Vollständigkeit hin überprüft werden. So war Fritz von Opel nicht der „Tüftler“ hinter den Rak-Versuchen anno 1928 und saß auch nicht am Steuer des Rak 1, obgleich er Geldgeber und Profiteur des Projekts war: Die Namen des Rennfahrers Kurt Volkhart und des Raketenforschers Max Valier fallen völlig unter den Tisch. Oder nehmen wir das Beispiel Hitlers, über den im Kapitel „Die Achsen der Bösen“ zu lesen ist, es kursiere das „Gerücht, er habe gar keinen Führerschein gehabt (was in jedem Fall ein netter Kalauer ist). Dokumentiert ist seine Mitgliedschaft beim ADAC.“ Ein schwaches Argument mit falsch gezogenem Schluss (zieht er überhaupt einen?), aber das ist ein anderes Thema.

Die im Literaturverzeichnis (immerhin gibt’s eins!) angegebenen Quellen gehören nicht immer zu den vertrauenswürdigsten; eine Übersicht über „ungewöhnliche Autos im Kino“ ist gemäß der Fußnote (auch da: immerhin gibt’s welche!) gar dem Online-Portal www.zehn.de entnommen...

Das alles wäre nicht weiter schlimm, hätten Pospiech und seine Co-Autoren ihre Ausführungen in eine locker-flockige Sprache gepackt, die dem Leser den anekdotenhaften Charakter des Werks besser vor Augen geführt hätte. Da er das nicht tut, und statt dessen vermeintliche Fakten in Verbindung mit Halbwahrheiten allzu nüchtern aneinanderreiht, ist die Enttäuschung vorprogrammiert.

Unterm Strich macht das Buch einen ganz netten Eindruck, aber für den ambitionierten Autofan ist es absolut untauglich. Druckqualität und Veredelung sowohl des Einbands als auch des Schutzumschlags, sowie das Vorhandensein eines Lesebändchens verdienen aber unabhängig davon lobende Erwähnung!

Wer gerne vorab in das Buch hineinschauen möchte, kann dies hier auf der Verlagshomepage tun!

Pospiech, Thomas: Auto – Das große Sammelsurium. München: riva Verlag 2011. 400 S., HC mit SU und Lesebändchen, Klebebindung. ISBN: 978-3-86883-050-7, 19,95 €. 





Dienstag, 8. Februar 2011

Margots Reportagen: Das Geheimnis des 22 CV

Bild: Salleck Publications

Stellen Sie sich vor, Sie würden ein Auto finden, von dem keiner so recht weiß, ob auch nur ein Exemplar von jenen überlebt hat, von denen man annimmt, dass es sie mit Sicherheit gegeben haben könnte. Sie kommen nicht mehr mit? Macht nix, dagegen hilft was: einfach mal einen richtig guten Comic lesen!

Bilder: Emilio van der Zuiden
Ja, gerade Bildergeschichten sind nicht selten Automobil-Geschichten. Doch dieser buntige Aspekt der Massenmotorisierung ging irgendwie immer an uns vorbei. „Kinderkram!“, hüsteln heute noch die meisten Leser, wenn es um Bildergeschichten geht, und rümpfen abschätzig die Nase. In Belgien und Frankreich aber sind Comics eine literarische Selbstverständlichkeit, und so haben auch gezeichnete Autos eine lange Tradition. Dank eines kleinen Pfälzer Verlags schwappt regelmäßig ein wenig gallische Comic-Kultur zu uns, nunmehr sogar in Form eines Automobil-Krimis: "Das Geheimnis des 22CV" (im Original "Le Mystère de La Traction 22", erschienen bei Éditions Paquet), ausgedacht und gezeichnet von Olivier Marin und Emilio van der Zuiden. Verleger Eckart Schott von Salleck Publications hat ihn übersetzt und publiziert – und dabei ein glückliches Händchen bewiesen. Nicht nur Citroen-Fans tun gut daran, das Album zu kaufen, bevor es so sehr zum Mythos wird wie das Auto auf dem Cover!

Bild: www.citroenet.org.uk
Und damit sind wir auch schon mitten in der Geschichte – zunächst mal in der historischen. Bei bloßer Erwähnung der Typenbezeichnung "22 CV" klingeln Citroenisten bereits die Ohren, denn hinter ihr verbirgt sich die mondänste Ausbaustufe, die die "Traction" jemals erleben durfte: Mythos, Phantom und Star in einem. Eine verchromte 8 im Kühlergrill und stromlinienförmig verkleidete und mit modischem Augenaufschlag verzierte Frontscheinwerfer zeugten von dem gewissen Extra, das den Wagen von seinen herkömmlichen Brüdern (bzw. Schwestern, französische Autos sind per Artikel stets weiblich!) abhob: ein V8 aus eigener Herstellung! André Citroen hatte im Mai 1934 mit Blick auf die neuen Ford-V8 darauf bestanden. Ein Problem zog das andere nach sich. Beginnend mit der  recht kurz bauenden Karosserieform der Traction – am Baukastensystem mit Frontantrieb war schließlich nicht zu rütteln. Der mit einem Zylinderwinkel von 90° versehene V8 war schwerer als die kompakten Vierzylinder, länger auch, und durch den verlagerten Schwerpunkt blieben umfangreiche Anpassungsarbeiten unvermeidlich. Von Fahrwerk, Bremsen und sämtlicher Peripherie ganz zu schweigen. 

Bild: www.citroenet.org.uk
Kurz: Was da im Oktober 1934 auf dem Pariser Salon stand, war alles, nur nicht ausgereift. Citroen kratzte das wenig, es ging schließlich um's Prestige, und so stellte man kurzerhand gleich mehrere Karosserievarianten aus. Den Besuchern stockte der Atem, manch einer hätte am liebsten gleich ein Exemplar vom Stand weg gekauft. Doch noch im Juni 1935 stellten Versuchsfahrer fest: "Da der Motor ohne Wasser gut funktioniert, aber schlecht läuft, sobald man Wasser einfüllt, scheint Wasser in die Zylinder einzudringen". Auch berichteten sie von  verformten Bremstrommeln, einer undichten Karosserie und schwer zu schaltenden Gängen. Noch bevor diese und zahlreiche andere Mängel behoben werden konnten, stoppte der neue Hausherr bei Citroen, Michelin, das Projekt und gab dem klassischen Sechszylinder wieder den Vorzug. Was mit der Handvoll 22 CV-Prototypen (genaue Anzahl unbekannt) passierte, weiß heute niemand mehr. 

So tauchen immer wieder Geschichten über den 22er auf, je mehr Jahre ins Land gehen; seien sie nun wahr, oder frei erfunden. "Das Geheimnis des 22 CV" gehört zur letzteren Gruppe, und ist dabei übrigens nicht der einzige Comic, der die schickste aller Tractions zum Thema hat. Allerdings ist der eigentliche Star ohnehin nicht „la 22 CV“, sondern eine andere mondäne Dame: Margot heißt sie und arbeitet als Praktikantin bei einer Pariser Automobilzeitung. Schön ist sie außerdem, aber (im wahrsten Wortsinne) absolut ahnungslos, was Autos angeht. Ihre Herren Kollegen möchten sie aufs Glatteis führen und erlauben sich einen Scherz: Für ein Sonderheft über die Traction soll sie einen Artikel über den 22 CV schreiben. Obwohl Margot bei ihren Nachforschungen mehr als einmal Gelächter über ihre Unwissenheit einsteckt, beweist sie genug Biss, um das Schicksal von mindestens zwei Exemplaren aufzudecken – natürlich nicht, ohne darüber in Lebensgefahr zu geraten!

Die Story ist so gut durchkomponiert wie ein Vorabendkrimi, die Qualität der Zeichnungen wunderbar. Nicht nur was Margot betrifft. Geringe Schwächen gibt es nur bei der Übersetzung; so wurde "La Traction" leider allzu oft nicht als Eigenname, sondern als Antriebsart ("Frontantriebler") übersetzt, und aus dem "Faux-Cabriolet" wurde ein "falsches Cabrio". Was aber nichts daran ändert, dass selbst schuld ist, wer sich dieses Buch nicht schleunigst bestellt: Nur 12,90 € kostet ein schöner Abend mit Mademoiselle Margot – Mythos, Phantom und Star in einem, mit dem gewissen Extra...

Olivier Marin / Emilio van der Zuiden: Das Geheimnis des 22 CV. Wattenheim: Eckart Schott Verlag 2010. 48 S., Hardcover. ISBN: 978-3-89908-371-2 . Preis: 12,90 €.

Das Buch ist über den Buchhandel und direkt über den Verlag erhältlich.

In ihren Blogs geben Emilio van der Zuiden und Olivier Marin regelmäßig Einblick in ihre Projekte, hier sogar in die Entstehung der vorliegenden Geschichte! 

Donnerstag, 3. Februar 2011

Australische Hot Rod-Kultur: Vultures

Alle Bilder: Fuel Magazine Australia


Automobilkultur auf einem Kontinent fernab der bunten Welt Eurasiens: Ein australischer Hot Rod-Club fährt von Port Melbourne nach Hobart (Tasmanien). Und hat einen Fotografen dabei: Luke Ray, gleichzeitig Gründer und Chef des Fuel Magazine. Was dabei herausgekommen ist, ist ein augenscheinlich wirklich schönes, auf 500 Exemplare limitiertes und handschriftlich vom Autor nummeriertes Foto-Tagebuch. Ein Zitat aus dem Inhalt lässt wunderbares erahnen:

"The blue dot tail lights drill a purple glow into the night as the heavyweight champion of the boogie universe, John Lee Hooker growls out of the steel dashboard speaker grille.
A Chromium and steel serpent rolls south along an asphalt ribbon. Nailhead, Hemified, Sidevalved and Cadillacked churning up the white line and U.F.O. roulette wheel covers. Hopped up, cut down, tail-dragging through Van Dieman's Land.
Rattles, squeaks, howling wind, burning oil and sonic exhaust rumble to the sound of the devil chaining his third wife down."


Der Blogger Brad Fulton hat bereits eine sehr emotionale Rezension geschrieben, ein Lobgesang auf das gedruckte Buch, das seiner Meinung nach von eBooks und E-Zines mehr und mehr verdrängt wird:
"Books are a thing of the past–too expensive to print, and the general public feels that their viewing on a 3.5″ LCD gives them a “realistic” or “meaningful” experience. Luke Ray takes both of these vanishing indulgences; documented them with passion and respect–and produced a true voicing of what it’s like to be at odds with mainstream culture and let it all go for the sake of risk and adventure."



"Vultures" ist zum Preis von 60 AU$ (ca. 43 €) zzgl. Versandkosten direkt beim Verlag erhältlich, mit der Bestellung sollte man sich wohl beeilen. 

P.S.: Für das Autobuch besteht natürlich keine reale Gefahr, irgendwann vom eBook verdrängt zu werden...

Dienstag, 1. Februar 2011

H. R. Etzold zum 150.!

Bild: Auto.de


So wird's gemacht: Seit über 35 Jahren zeigt Hans-Rüdiger Etzold Schraubern, was sie tun (oder lassen) sollten, wenn sie sich mit Werkzeug bewaffnet ihrem Fahrzeug nähern. Hier ein Interview anlässlich der Veröffentlichung der 150. Bastelfibel. Interessant übrigens, was Etzold über die böse Elektronik in modernen Fahrzeugen sagt!