Porsches erste 911er Turbo-Orgel machte 1974 mächtig Dampf, und das mitten in der Ölkrise. Etwas mehr als dreißig Jahre nur, nachdem der KdF-Käfer seine Durchhaltemelodie durch den Gebläsekasten pfiff und treuen Sparern Hartgeld für Klebemarken aus dem Kreuz leierte. Im Verlagsprogramm von DuMont finden die ungleichen Cousins wieder zusammen...
„Der Käfer ist unser Kind. Ein altes Kind, ohne Zweifel, aber aus vornehmen Hause.“
Ferry Porsche hatte ja so recht! Jahrzehntelang fuhren die Deutschen mit ihren Käfern ganz bürgerlich zur Arbeit, zum Einkaufen, in den Urlaub, und zu allem dazwischen. Auf den noch nicht ganz so stark frequentierten Autobahnen seufzten sie schwer, wenn ein Porsche 356 zum Überholen ansetzte. Klar: Der war erwiesenermaßen die nächsthöhere Evolutionsstufe des Käfers, ein kräftiger Freude-Wagen, aber ganz ohne Missing Link. Die Vernunftapostel aus Wolfsburg konnten dagegen doch auf den Markt werfen, was sie wollten – akzeptabel waren immer nur die Cousins aus Zuffenhausen. Als dann der erste VW-Porsche 914 auf den Markt kam – immer noch für viele zu teuer, aber dafür volksnah – gefolgt vom 924 – immer noch für Aufsteiger, aber dafür kein echter Porsche – schien die Versöhnung endlich greifbar. Es ist die unnahbare Volkstümlichkeit, die wir an Porsche so lieben, und die uns immer wieder Bücher über die Marke schreiben oder kaufen lässt.
Vielseitiges Bildmaterial und bibliophile Gestaltung
Der Dumont Buchverlag gibt seit 2009 eine Reihe der Edition Porsche Museum heraus. Die Eckdaten: Bibliophile Aufmachung, kleines Rechteckformat (21 x 13 cm), zweisprachig deutsch/englisch, 14,95 €. Darunter zwei Bändchen, die mir der Verlag netterweise zur Verfügung gestellt hat und die ich hier näher vorstellen möchte.
"Ferdinand Porsche und der Volkswagen“ behandelt die Entwicklungsgeschichte des KdF-Wagens bis zum Ur-356. Darüber hinaus findet auch noch die weitere Zusammenarbeit mit Volkswagen Erwähnung, die viele Prototypen und letztlich auch die Typen 914 und 924 hervorbrachte. Die Texte sind kurz und informieren sachlich über das nötigste. Den Kern bilden die Fotos: Einblicke in Werkstätten, Straßenrand-Reparaturen bei Testfahrten, und Detailfotos der verschiedenen Prototypen. Der Typ 64 fehlt bei alldem ebenso wenig wie Wehrmacht-Kübel und Schwimmwagen – ein Komplettüberblick auf knapp 200 Seiten.
Einmal komplett: Porsches Turbo-Geschichte
Zeitsprung. Die 25 PS-Beschaulichkeit hat Porsche lange hinter sich gelassen, das eine magere Emblem-Pferdchen reicht dem Elfer schon lange nicht mehr, Zeit wird’s für schubhafte Leistung mit viel Druck und entsprechendem Hinweis auf der Motorhaube. „Porsche Turbo Stories“ ist randvoll mit Begierdeobjekten, die nur wenige gekonnt zu bändigen wussten, und die selbst Porsche-Kunden nicht immer geheuer waren. Sieben Generationen umfasst die Turbo-Geschichte nun schon – von den Rennwagen ganz zu schweigen. Von 930 bis 997 und darüber hinaus sind alle drin, in Wort, word, Bild und picture. Historisch lässt sich die Turbo-Idee zudem bis in die Frühzeit des Autos zurückverfolgen, im Falle von Ferdinand Porsche himself bis in die Zwanziger Jahre mit der Entwicklung der Kompressor-Mercedes.
Zurück in den 70ern, war die Turbo-Idee bei Porsche zwar durchaus lebendig, ihre Umsetzung aber umso delikater, sodass sogar ein von Michael May aufgebauter Turbo-Capri gekauft und erprobt wurde. Mit wenig Erfolg. Speziell das „Turbo-Loch“ am Übergang von Halb- zu Vollast ließ sich nur schwer in den Griff kriegen, letzten Endes übrigens mit einer „Bypass“ genannten Entlastungsleitung. Als 1974 dann, mitten in der Ölkrise, der 911 Turbo als (Zitat) „erster Seriensportwagen mit abgasseitig geregeltem Turbolader“ auf die Straße kam, hätte es zunächst bei 400 Homologations-Fahrzeugen für die Gruppe 4 bleiben sollen. Für Heinz Branitzki (Vorstand) war das indiskutabel: „Wenn wir nicht in der Lage sind, ein so großartiges Produkt zu verkaufen, dann ist es an der Zeit für uns, aus dem Sportwagenbau auszusteigen.“
Großartig war das Produkt tatsächlich, und verkaufen ließ es sich auch. Wieder hatten die VW-Fahrer ein neues Idol zum Anhimmeln. Auf 221 Seiten ist die ganze Geschichte schlüssig verteilt, schade nur, dass das emotional „aufgeladene“ Thema in manchmal ziemlich dröger Sprache daherkommt, die Erfolg an Erfolg reiht und jede kritische Selbstreflexion außen vor lässt.
Informationen für Genießer
Beiden Büchern gemein ist eine sehr angenehme Haptik. Der Papiereinband vermittelt Bodenständigkeit, mit dem Lesebändchen wurde an den (in unserem Genre leider oft vergessenen!) Leser gedacht. Ein netter Gestaltungskniff sind die Seiten mit silbergrauem Hintergrund, auf dem schwarze wie auch weiße Schrift (für den englischen Text) gut lesbar sind und die zu den Fotos einen guten Kontrast bilden. Blöd, dass die Druckqualität den Effekzt trübt: man möchte allzu oft Staubkörner bzw. Fussel von der Seite wischen, die keine sind. Schade auch, dass die zwischen den Textkolumnen platzierten mini-Fotos (wir erinnern uns: die Bücher sind klein!) zwar inhaltliche Vollständigkeit signalisieren, aber ob ihrer Größe mit null Informationsgehalt glänzen können.
So paradox es klingt: „Ferdinand Porsche und der Volkswagen“ taugt nicht für VW-Fans, und „Porsche Turbo Stories“ nicht für Porsche-Jünger, denn Tiefgang ist nicht ihr Ding. Wer z.B. an der Frühgeschichte des Käfers interessiert ist, greift besser zu
Chris Barbers Standardwerk „Der Käfer“. Kürze ist aber die große Stärke dieser gut gemachten, kleinen Bilderbücher: Wer sich grundlegend informiert und vor allem gut unterhalten wissen möchte, ist bestens versorgt – und hat dabei noch das selten gewordene Vergnügen, ein hübsches Objekt in Händen zu halten. Genauer gesagt: eines von mehreren Kleinoden aus vornehmem Hause!
Ferdinand Porsche und der Volkswagen
Dr. h. c. F. Porsche AG, (Hg.)
200 Seiten,
13 x 21 Hardcover
EUR 14,95 [D] / 23,50 sFr.
ISBN 978-3-8321-9298-3
Porsche Turbo Stories
Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG, (Hg.)
224 Seiten,
13 x 21 cm Hardcover
EUR 14,95 [D] / 23,50 sFr.
ISBN 978-3-8321-9299-0