GLAS? Goggomobil! Stimmt, aber da war noch mehr. Nicht nur, dass sich erwachsene Männer sofort nach Erscheinen der Asphaltblase und ihres Aufsteigersubstituts Isar wettbewerblich auf Rallye- und Rennpisten tummelten; sie begründeten damit auch eine Tradition im Hause des Dingolfinger Autobauers, die bis zur glanzlosen Übernahme durch BMW bestehen bleiben sollte.
Doch BMW deckt heute lieber den Mantel des Schweigens über die mit erworbene Markenhistorie. Schade, denn GLAS 04 und GT mischten fünf Jahre lang die Rennpisten auf, zeigten den klassengleichen Mini Cooper verbissen die Zahnriemen und stachelten diverse Abarths zu Höchstleistungen an. Was der Hersteller natürlich gerne in der Werbung unterstrich. Als Kontrast zum zunehmend peinlichen Kleinstwagen-Hintergrund konnte ihm ja nichts willkommener sein: Ein im eigenen Hause entwickelter Mittelklassewagen, der sich erfolgreich mit der braven Konkurrenz der Klassen bis 1000 und 1300 ccm balgte und sich sogar häufig gegen den kleineren, leichteren und zackigeren Mini durchsetzte!
Von dieser fünf Jahre währenden Kampfgeschichte handelt das neu aufgelegte und erweiterte Sonderheft des GLAS Club Magazins mit dem Titel „Rennsport mit GLAS 04 und GLAS GT von 1962 bis 1967“. Weil es sich treffender kaum ausdrücken lässt, sei eine Passage aus dem Nachwort zitiert:
„Aus heutiger Sicht ist es überaus erstaunlich, dass ein Werk ohne Rennsporttradition sich so erfolgreich über Jahre im Motorsport darstellen konnte. Allerdings war dieser Erfolg nicht nachhaltig, denn mit dem Verschwinden der Marke GLAS war auch die Präsenz in den Siegerlisten beendet.“
Anders ausgedrückt: Aus dem zentralen Nervensystem der Motorsportgemeinde wurden die zahnriemengesteuerten Vierzylinder (übrigens die ersten der Welt!) ebenso getilgt wie von den öffentlichen Straßen der Bundesrepublik, wo 04 und GT schneller Exoten wurden, als sie wegrosten konnten. Fahrer wie Gerhard Bodmer (Deutscher Rundstrecken-Meister 1965 auf GLAS GT), die Sieg um (Klassen)Sieg einfuhren, kennt heute nur noch die knapp 900 Mitglieder zählende Fangemeinde der Marke.
Motorsportjournalist Rainer Braun war es, der regelmäßig in den „Nachrichten für GLAS-Automobilfahrer“ über den Rennsport des Hauses berichtete. Über Bodmers Fahrkünste schrieb er etwa: „Es hatte bei einigen Rennen Leute gegeben, die es ihm in punkto „Kurvenakrobatik“ gleichtun wollten – soviel ich weiß, landeten alle auf dem Dach oder in der Wiese...“.
Das Sonderheft besteht fast ausschließlich aus Reproduktionen von Brauns Artikeln, die mit eiligen GLAS in allen Schräglagen illustriert sind und nunmehr noch durch Bilder des Rennsport-Fotografen Walter Kotauschek ergänzt wurden. Zusammen mit zeitgenössischen Werbeanzeigen ist die Rennsportgeschichte der beiden wichtigsten GLAS-Automobile (das Goggo ist streng genommen ein Mobil, kein Auto) damit fast vollständig dokumentiert. Tabellen und sonstiges statistisches „Beiwerk“ fehlen leider völlig, und wenn von 41 Klassensiegen, 33 zweiten- sowie 32 dritten Plätzen für den 1204 in dessen Debütjahr die Rede ist, fehlt die Vergleichsbasis, um sich ein objektives Bild machen zu können. Der redaktionelle Teil ist auf vergleichsweise wenige Seiten beschränkt. Er behandelt (in Grundzügen) die Motorenentwicklung durch Leonard Ischinger, stellt die bedeutendsten Fahrer vor, gibt aber auch eine allgemeine Einführung in die Materie. Fazit: für Motorsport-Fans unverzichtbar!
Das Sonderheft ist in einer Auflage von 1200 Stück erschienen und nur über den GLAS-Club zum Preis von 10 € zzgl. 1,45 € Versand erhältlich. Kontakt: uwe.gusen@glasclub.de
Wer tiefer in die Materie eintauchen möchte, greift am besten zu Kraxenberger/Mader: „Das grosse GLAS-Buch“ (Eichendorf Verlag 2003, ebenfalls über den Club erhältlich). Achtung: Es ist beinahe vergriffen!