Spaß muss nicht teuer sein, aber er darf so aussehen. Alles was Sie brauchen, ist ein wenig Phantasie und 29,99 €, gewürzt mit einem Fünkchen Interesse an amerikanischen Fahrzeugen aus allen Epochen. „20th Century Classic Cars: 100 Years of Automotive Ads“ heißt ein prächtig ausgestatteter Band aus dem TASCHEN-Verlag, der Sie in die fremde Welt der amerikanischen Autowerbung entführt.
Genauer gesagt ist das Buch eine „visuelle Automobil-Geschichte in Jahrzehnten mit über 400 Werbeanzeigen aus der Jim Heimann Collection“ mit Texten von Phil Patton, dem (Auto-)Designexperten der New York Times. Dieser beleuchtet in seiner Darstellung „technische Innovationen, historische Ereignisse und den Einfluss der Pop-Kultur aufs Fahrzeug-Design“.
Kein technisches Lehrbuch also, auch kein echtes Auto-Fachbuch, sondern eine Designgeschichte. Mehr noch: Eine Analyse der Wandlung der amerikanischen Automobilwerbung von ihrer Entstehung bis in die Gegenwart, die das Auto mal nicht als rein technisches Objekt, sondern als Ausdruck eines allgemeinen, kulturellen Zeitgeistes versteht.
Ein Mammutprojekt? Beinahe. Jedes Jahrzehnt ist mit einer Einführung versehen, die in Englisch (Originaltext), sowie in deutscher und französischer Übersetzung vorliegt. Darin liegt ein kleiner Schwachpunkt, denn wenn in der deutschen Übersetzung von einem „hoch komprimierten“ V8-Motor gesprochen wird, aber eigentlich „hoch verdichtet“ gemeint ist, stutzt auch der ambitionierte Laie. Zumal technische Sachverhalte oft schon im englischen Text nicht differenziert genug ausgedrückt werden: Der Kleinwagen Honda 600 war im Jahre 1969 keineswegs „das erste Serienauto des Motorradherstellers“. Diese Unzulänglichkeiten sollten aber nicht überbewertet werden. Das Buch ist kein Nachschlagewerk zur Automobilgeschichte, sondern das anschauliche (und kurzweilige) Soziogramm der amerikanischen Gesellschaft und ihres Automarkts: „Die Historie des Automobils ist die Geschichte einer ganzen Industrie. Eng mit Mode, Kunst, Film und Musik verknüpft, ist das Auto eine maßgebliche kulturelle wie auch ökonomische Größe.“, heißt es in der Einführung.
Auch Importwagen kommen nicht zu kurz, so z.B. der Renault 5, genannt „Le Car“. Er floppte auf dem „anderen“ Kontinent, trotz pfiffiger Werbeinszenierung. Nicht zu vergessen Mercedes-Benz, noch 1958 von seinem Importeur Studebaker-Packard mit Attributen wie „Haute Couture“ (220 S) oder „Sophisticated“ (300d) beworben. Konkrete Suchanfragen beantwortet ein nach Marken und Modellen geordnetes Stichwortregister am Ende des Buches. Das sollte zum Lesen und Blättern übrigens besser auf einem Tisch liegen: mit 480 Seiten und einem Format von 24 x 30 cm ist es für alles andere einfach zu riesig und zu schwer.
Wollen Sie nur knöcheltief in die amerikanische Autowelt eintauchen, wäre da noch das Buch „Cars of the 50s“, das schon für 4,99 € erhältlich ist. Neben einem (ebenfalls dreisprachigen) Einführungstext kommt das gut verarbeitete, fest gebundene Bändchen ohne weitere Kommentare aus, hier spricht die Werbung für sich. Eigentlich ein „Must-have“, wie der große Bruder.
Heimann, Jim/Patton, Phil: 20th Century Classic Cars: 100 Years of Automotive Ads. 480 Seiten, 23,8 x 30,2 cm, mit SU, 29,99 €. Taschen Verlag 2009. ISBN: 978-3-8365-1463-7
Als besonderer Service kann „20th Century Classic Cars“ auf der TASCHEN-Homepage durchgeblättert werden!
Heimann, Jim (Hg.): Cars of the 50s. 192 Seiten, 14 x 19,5 cm, mit SU, 4,99 €. Taschen Verlag 2009. ISBN: 978-3-8365-1427-9