Donnerstag, 5. Januar 2012

Die Komik der Karambolage: Trafic [DVD]


Das Auto und sein Mensch – das ist es wohl, was der französische Komiker und Regisseur Jacques Tati (alias Monsieur Hulot) in seinem Film „Trafic – Tati im Stoßverkehr“ karikieren wollte. Für die Pariser Firma Altra hat Hulot ein revolutionäres Wohnmobil auf Basis eines Renault R4 entworfen, das auf dem Automobilsalon in Amsterdam ausgestellt werden soll. 

Bild: © Studiocanal
Der Transport des Wagens mit einem altersschwachen LKW gerät aufgrund von Pannen zum Fiasko. Ein Höhepunkt des Films ist schließlich eine der berühmtesten Massenkarambolagen der Filmgeschichte: ballettartig inszeniert, endet sie mit kollektiver Gymnastik der Beteiligten inmitten einer grotesk-idyllischen Stille.


Trafic“ nimmt fast alle „Auto-Typen“ der ausgehenden 60er Jahre aufs Korn: vom vulgären Garagisten über den Prospekte sammelnden Steppke, bis hin zum „Daf-Opi“. Neben Hulot spielt Maria Kimberly eine junge, dynamische (und nervtötende) PR-Verantwortliche. Mit ihrem Siata Spring ist sie passend motorisiert und übrigens auch die einzige Figur, die sich für den Zuschauer verständlich artikuliert. Der Film lebt nämlich buchstäblich nicht von Dialogen, sondern von der Hulot-typischen Situationskomik, die uns bei genauerem Hinsehen täglich begegnet: Wer saß denn nicht schon einmal nasepopelnd hinterm Steuer und wartete auf Grün?

Bild: © Studiocanal

Auch das Treiben auf dem Autosalon (er wird eröffnet, während den Altra-Leuten um Monsieur Hulot und PR-Maria eine Panne nach der anderen widerfährt) hat Tati gut beobachtet: Hauben öffnen und schließen sich ebenso häufig wie rhythmisch, Menschentrauben stecken in Motorräumen, und der Stand der kleinen Firma Altra wird schließlich mangels Ausstellungsfahrzeug von einem großen Hersteller annektiert. Der Mensch ist bei alldem eigentlich nur ein Statist, dem Treiben rund um‘s Auto hilflos ausgeliefert; Jacques Tati zeigt dies mit einer Ästhetik, die vom „Wimmelbild“ bis zum Verweilen im Detail reicht.

Bild: © Studiocanal

Autonarren können sich am gesamten Straßenbild der ausgehenden 60er und frühen 70er Jahre erfreuen. Mit dem Abstand von 40 Jahren wird der Film damit auch zur automobilhistorischen Momentaufnahme: Den typischen Daf-Opi gibt‘s schon lange nicht mehr, und auch die Automobilmessen haben sich verändert. Nach 92 Minuten mit Tati im Stoßverkehr sehen Sie ihre Auto-Beziehung garantiert mit anderen Augen – und vielleicht denken Sie ja auch an den Film, wenn Ihr Auto Sie das nächste mal beim Nasebohren ertappt!

Bild: © Studiocanal

Jacques Tati: Trafic – Tati im Stoßverkehr (1971). DVD, 92 Minuten, Mono Deutsch und Französisch, Arthaus/STUDIOCANAL, 9,99 €.

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