Freitag, 7. Dezember 2012

Druckfrisch: Autobücher in AUTO BILD KLASSIK 1/2013

50 der besten Autobücher aller Zeiten – zu finden in AUTO BILD KLASSIK 1/2013

Ab heute ist Ausgabe 1/2013 von AUTO BILD KLASSIK am Kiosk. Und die hat‘s mal wieder in sich: Auf 10 (!) Seiten stellen meine Kollegen und ich unsere 50 Lieblings-Autobücher vor. Wer für die nahen Feiertage also noch Lesestoff sucht, wird hier sicher fündig.
Weil unsere Auswahl der 50 „besten“ Autobücher aller Zeiten natürlich nicht endgültig repräsentativ ist, seid einmal mehr ihr als Leser gefragt: Welche sind eure Lieblingsbücher und warum? Die Redaktion freut sich über Zuschriften an: klassik@autobild.de, Stichwort: Bücher.
Heft 1/2013 ist noch bis zum 3. Januar im Handel erhältlich
Tipp: www.booklooker.de und www.zvab.com sind praktische Bezugsquellen für antiquarische Bücher; aktuelle Titel kann jede Buchhandlung über Nacht bestellen.
Ach, ja: Nachfolgend findet ihr einen Gastbeitrag von Sigrun Putjenter, die sich bestens mit Autos und Kinderbüchern auskennt! 

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Bibliotheksschätze: Auto-mobil durchs Kinderbuch

Gastautorin Sigrun Putjenter ist wissenschaftliche Bibliothekarin an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und war 2010/2011 Mitglied des Leserbeirats von Auto Bild. In ihrer Freizeit schreibt sie für Roundel, das Magazin des BMW Car Club of America. In dem folgenden Beitrag hat sie nicht nur ihre beiden Leidenschaften verpackt (nämlich Kinderbücher und Automobile), sondern auch noch eine umfassende Bibliographie beigefügt. Herzlichen Dank!
Die Entwicklung der ersten motorbetriebenen Fahrzeuge bedeutete im 19. Jahrhundert eine Sensation. Dementsprechend erschienen die ersten Berichte über derartige Innovationen in Presseerzeugnissen wie der Familienzeitschrift „Die Gartenlaube“ (z.B. Jg. 1880, S. 642). Jungenzeitschriften, darunter „Das neue Universum“ (ab 1880) und „Der gute Kamerad“ (ab 1887), können als die ersten Anbieter kurzer Sachtexte angesehen werden.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Faul, aber herzlich: Der ADAC Motorwelt Autobuch-Preis 2012


Es gehört Mut dazu, wenn man zur Jury eines Buchpreises gehört und sich selbst zum Preisträger machen lässt. OK, ganz so einfach liegen die Dinge beim diesjährigen ADAC Motorwelt Autobuch-Preis vielleicht nicht. Doch der Duft nach faulem Wettbewerb liegt trotzdem in der Luft...

Der ADAC Motorwelt Autobuch-Preis wurde 2012 zum zweiten Mal verliehen. Auf der Frankfurter Buchmesse. Nicht auf einer großen Automesse. „Weil‘s da keinen interessiert“, wie Initiator, Jurymitglied, Laudator, Autor und Preisträger Jürgen Lewandowski auf Nachfrage wissen ließ. Sein Buch „Die Sportwagen von Toyota – Vom Sports 800 bis zum GT 86“ holte in
der Kategorie „Design“ den zweiten Preis.
 
Thomas Burkhardt, Christian Grundmann, Clauspeter Becker, Axel Struwe, Jürgen Lewandowski und "Der erste Brezelkäfer" – 1. Preis in der Kategorie Marke/Typen
Die Urkunde dafür ließ sich Lewandowski vom ADAC-Vizepräsident für Technik, Thomas Burkhardt, überreichen. Lewandowski sei ein Verfasser von „hervorragenden Büchern“, lobte dieser, „und ihn hier nur deswegen auszuschließen, weil er in der Jury sitzt oder weil er das ganze mit eingeleitet hat, wäre aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt.“
Noch bizarrer erscheint, dass Platz 1 der Kategorie gleich an zwei Titel vergeben wurde: Zum einen an „Stromlinie“ von Malte Jürgens und Michael Michel Zumbrunn, und dann noch an „The Mercedes-Benz 300 SL Book“ von René Staud, für das Lewandowski kurze Texte verfasst hatte.
Das letztgenannte Buch polarisiert: Wer auf bonbonfarbene Studio-Ästhetik im Schulterpolster-Stil der 80er Jahre steht, wird es lieben. Wer die Sache nüchtern betrachtet, findet einen 98 Euro teuren Großformat-Bildband vor, der weder typografisch, noch in Sachen Druckqualität über Grabbeltisch-Niveau hinauskommt.
Tom van Endert vom Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat konnte sich über gleich zwei Preise freuen
Und das, obwohl die Kategorie Design zwei Seiten habe, wie Laudator Lewandowski erläuterte: „Einmal Bücher über Autodesign. Und dann geht es auch darum – da hat Herr Professor Hufnagl ganz starken Einfluss drauf (Mitglied der Jury und Sammlungsdirektor Design der Pinakothek der Moderne in München, d. Verf.) – wie Bücher gestaltet sind: Typografie, Optik, Erscheinungsbild, usw.“ Nunja...
Doch es gibt auch Erfreuliches zu berichten. So konnte sich der Münsteraner Verlag Monsenstein & Vannerdat (nicht Vanderratt, liebe Laudatoren) über gleich zwei Preise freuen: „Motorrad-Straßen-Rennsport in Deutschland 1946–1950“ in der Kategorie Motorsport/Rennsport, sowie „Auto-Mobilität: Wie der Mensch das Laufen verlernte – 500.000 v.Chr. Bis heute“. Beides gigantische, mutige Projekte, für die Verlag und Autoren größtes Lob verdienen.
Bart Lenaerts und Lies de Mol nahmen nach "Waft 2" (2011) auch in diesem Jahr einen Preis mit nach Hause
Genauso verdient ist auch der Sonderpreis für die Faksimile-Ausgabe der „Einteilung der Rotations-Kolbenmaschinen“ von Felix Wankel, die der kleine Pagma-Verlag um den Künstler Klaus-Dieter Eichler in faszinierender Authentizität umgesetzt hat. Und dann wäre da noch das Buch „Ever since I was a young boy I‘ve been drawing cars – Die besten Autodesigner der Welt und wie sie wurden was sie sind“ mit dem Bart Lenaerts und Lies de Mol nach „Waft 2“ auch in diesem Jahr einen Preis abstauben konnten – allerdings in der Kategorie „Biographie“.
Sonderpreise für Titel wie „Deutschland schafft das Auto ab“ und „Krötenmord“ (s.u.) unterstreichen nichtsdestoweniger die Bereitschaft der Jury, nicht nur dem Mainstream zu huldigen. Über 50 Einsendungen habe es dieses Jahr gegeben, ließ Lewandowski kurz vor Schluss noch wissen, darunter auch Projekte wie das des Archivars der Stadt Saarbrücken, der ein Buch über 125 Jahre Mobilität in der Stadt Saarbrücken herausgebracht hat. Und an dieser Stelle sei ein Vorschlag zur Güte erlaubt: Wieso keine Long- und Shortlist anstreben, wie beim Deutschen Buchpreis? Verlagen und Buchhandel tut dieses Verfahren erwiesenermaßen gut, weil es die Titel öfter in die Medien und in den Sinn der Käufer bringt. Und darum geht‘s doch schließlich.

Hier noch ein paar Zitate zum Selbstauswerten, entnommen aus der Eröffnungsrede von ADAC Motorwelt-Chefredakteur Michael Ramstetter:

...wollen wir Ihnen in der Folge einige ganz herausragende, unterhaltsame, aber auch durchaus informative und aktuelle Autobücher vorstellen“

Treibendes und organisierendes und sehr dominantes Jurymitgleid war natürlich mein Freund Jürgen Lewandowski, den wir auch in der ADAC Motorwelt und auch bei den ganzen Publikationen, die im ADAC Verlag erscheinen, als Berater und Ideengeber sehr schätzen.“

„Alle 19 Preisträger, Autoren und Verleger erhalten jetzt gleich ihre Preise in Form einer Urkunde. Ein Preisgeld […] gibt es leider bei diesem Preis nicht. Das ist ein rein ideeller Preis, der aber durchaus materielle Vorzüge hat. Denn ich verrate Ihnen jetzt schon, dass wir in unserer Dezember-Ausgabe der Motorwelt und verschiedenen digitalen Kanälen für die Preisträger Rezensionen abdrucken, sodass sie im Weihnachtsgeschäft durchaus damit rechnen können – bei den hohen Auflagen, die der ADAC mit seinen Publikationen erzielt – dass sie das ein oder andere Buch an Menschen verkaufen können, die bisher von den Büchern nichts wussten. Sie kriegen von uns also eine mehr oder weniger durchaus wertvolle Marketing-Leistung geboten. Der wahre Wert des ADAC Autobuch-Preises liegt also in den Veröffentlichungen, die wir dafür vornehmen.“

Jürgen Lewandowski mit den Preisträgern 2012

Die Preisträger 2012
Die kursiven Zitate sind – sofern nicht anders vermerkt – den Laudationen von Jürgen Lewandowski entnommen.

Marke/Typen

1. Clauspeter Becker/Axel Struwe/Christian Grundmann: Der erste Brezelkäfer – Wiederauferstehung eines Prototypen von 1938. Delius Klasing, 29,90 €.
Die Jury war von dem Buch deswegen begeistert, weil es ja heutzutage eigentlich mehr als unwahrscheinlich ist, dass jemand in Litauen einen auf Neu gequälten Käfer sieht, und erkennt, dass sich darunter ein Prototyp von 1938 befindet. Der dieses Auto aus Litauen zurückholt und […] in einer liebevollen Restaurierung wieder in den Originalzustand versetzt. Und es war einfach auch eine glückliche Idee, hervorragende Autoren und Fotografen die Restaurierung dieses Wagens, dieses Stücks deutscher Automobilgeschichte, verfolgen zu lassen.“
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2. Joe Sackey: Lamborghini Miura – Die Geschichte eines Traumsportwagens. Heel, 69,95 €.
Zum Miura muss man nichts sagen. […] Dieses Auto ist fast 50 Jahre alt und ist bis heute eine der ganz großen Ikonen. Joe Sacky, der selber der glückliche Besitzer von mehreren Miuras ist, hat die Geschichte dieses Wagens fantastisch geschrieben, mit fantastischen Fotos.“

3. Ulf Kaack: Borgward – Das Kompendium. GeraMond Verlag, 29,95 €.
Die gesamte Jury war überzeugt von diesem Buch, weil‘s einfach die Geschichte einer leider nahezu vergessenen Marke in den Vordergrund rückt.“


Design

1. René Staud/Jürgen Lewandowski: The Mercedes-Benz 300SL Book. TeNeues Verlag, 98,00 €. „René Staud hat sich schon mit vielen seiner Bilder einen ganz großen Namen gemacht. Er setzt die Fahrzeuge so in Szene, dass sie plastisch vor einem stehen, und dass man sie wirklich glaubt, greifen zu können.“ (Thomas Burkhardt)

1. Malte Jürgens/Michel Zumbrunn: Stromlinie. Motorbuch Verlag, 298,00 €.
Das Buch ist wirklich außergewöhnlich. Es beruht auf einer Ausstellung in Hamburg und was daraus gemacht wurde ist erstaunlich. Alle Leute, die sich dafür interessieren, sollten es sich ins Regal stellen, und sie sollten es rasch tun, denn es gibt nur 1000 Stück. Die gute Nachricht: Sie haben was Rares. Die schlechte: Es kostet 300 Euro.“
Zur Website mit Leseprobe

2. Jürgen Lewandowski: Die Sportwagen von Toyota – Vom Sports 800 bis zum GT 86. Delius Klasing, 39,90 €.
Auch die japanischen Fahrzeuge verschwinden noch im Dunkel der Geschichte. [Besonders in den Anfängen] wurde ganz bemerkenswertes geschaffen. Dieses Buch ist ein Buch, das in erster Linie das Design zeigt. Das nicht so sehr die detaillierte Geschichte aufzeigen, sondern Begeisterung für die Anmut dieser Fahrzeuge wecken will, und das ist sehr gut gelungen.“ (Thomas Burkhardt)

3. Paolo Tumminelli: Car Design America – Myths Brands, People. TeNeues Verlag, 49,90 €. „Wenn man die hunderten von Fotos sieht und erkennt, was die Amerikaner alles gemacht haben, ist das sehr beeindruckend und ein wirklich schönes Buch über die Geschichte des amerikanischen Autodesigns.“




Biographie
1. Bart Lenaerts/Lies de Mol: Ever since I was a young boy I‘ve been drawing cars – Die besten Autodesigner der Welt und wie sie wurden, was sie sind. Delius Klasing, 59,90 €.
Das Buch ist völlig alleine bei den Autoren entstanden, und die beiden sind einfach großartig.“
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2. Elmar Brümmer/Ferdi Kräling: Sebastian Vettel – Das Leben eines Formel 1-Idols. Delius Klasing, 29,90 €.
„Die Jury ist der Meinung, dass Herr Vettel trotz seiner Jugend und trotz der wenigen Jahre, die er im Geschäft ist, eine überragende Stellung hat. Die Biographie ist mit den Fotos und mit der Geschichte toll geworden.“


Motorsport/Rennsport
1. Pierre van Vliet: Jacky Ickx. Delius Klasing, 39,90 €.
„Man muss sich nur die Titelseite des Buches anschauen, dann weiß man, dass man hineinschauen möchte.“

2. Erich Kahnt/Michael Thier/ Ulrich Trispel/Robert Weber: Porsche Kremer – Eine Erfolgsstory 1962–2012. Petrolpics Verlag, 89,00 €.
„Eine unglaubliche Arbeit. Kremer war über Jahrzehnte eine der ganz großen Firmen im deutschen Motorsport, und dieses Buch erzählt wirklich die „Erfolgsstory“.“

3. Reinald Schumann: Motorrad-Straßen-Rennsport in Deutschland 1946–1950: Deutscher Straßenrennsport nach der Stunde Null. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat, 79,00 €.
Der Titel klingt unendlich mühsam, es ist aber erneut eine dieser Fleißarbeiten, die ich gerne mit dem Adjektiv „wahnsinnig“ apostrophiere. Der Verlag Monsenstein & Vannerdat hat damit ein ganz wichtiges Stück deutscher Motorsport-Historie gerettet, denn in ein paar Jahren wird es die Leute nicht mehr geben, die diese Geschichten erzählen können.“
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Sonderpreise
Wolf Wegener: Deutschland schafft das Auto ab. Rosenheimer Verlagshaus, 16,95 €.
Es ist dringend notwendig, dass auch jemand, der überzeugt ist von bestimmten Dingen, fern jeder politischen Korrektheit die Stimme erhebt und bestimmte Punkte einfach anspricht. […] Es ist gelungen, einmal wieder ins Bewusstsein zu rufen, was das Auto, was Mobilität mit dem Auto eigentlich für uns darstellt und wie leichtfertig wir hier über manche Dinge hinweggehen, in dem Glauben, es sei politisch korrekt.“ (Thomas Burkhardt)

Ulrich Biene: Die Siku-Story – Lebendige Autoträume aus Kindertagen. Delius Klasing, 29,90 €.
Auch ein Buch das zeigt: Besessenheit ist nicht nur das Auto an sich, sondern drückt sich auch in allem drumherum aus.“ (Thomas Burkhardt)

Andreas K. Vetter: Haus & Auto. Callwey Verlag, 59,95 €.
Ein tolles, neues Thema, das in dieser Form noch nicht publiziert worden ist.“

Stephan Schwarz: Krötenmord. Capscovil Verlag, 15,95 €.
Ein Kriminalroman, der im Auto-Milieu spielt. Den Ansatz fanden auch die Kollegen einfach prima und meinten: Dafür sollte man einen Preis verleihen.“
http://www.capscovil.com/

Matthias Bartz: Dino Compendium 206gt 246gt 246gts. Verlag Matthias Bartz, 160,00 €.
Ein Thema, das in dieser Form noch nie bearbeitet wurde. Dieses Buch beschreibt alles, was es über den legendären Ferrari Dino gibt. Das Buch ist eine Fleißarbeit sondergleichen!“

Felix Wankel: Einteilung der Rotations-Kolbenmaschinen (Faksimile und Kommentarband). Pagma Verlag, 44,95 €.
Felix Wankel hat Jahrzehnte damit verbracht, sich alles auszudenken, was nur irgendwie ineinander greifen kann. Das Original dieses Buches war ganz schnell vergriffen. Der Pagma Verlag hat es wieder zugänglich gemacht und die Jury wollte sich einfach dafür bedanken, dass dieses Stück Geschichte gerettet wurde und nicht mehr mühsam in Antiquariaten gefunden werden muss.“

Roland Löwisch: Auto-Mobilität. Wie der Mensch das Laufen verlernte – 500.000 v.Chr. bis heute. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat, 149,00 €.
Roland Löwisch behauptet, er habe an seinem Buch 15 Jahre gearbeitet. Ich glaube, es waren 25. Denn die Fülle an Fakten, die der Autor da auf 400 Seiten zum Thema Automobilgeschichte kann man nicht in 15 oder oder 18 Jahren zusammentragen. Da braucht man wahrscheinlich sein Leben lang Zettelkästen. Es ist ein Wahnsinnswerk, in positivem Sinne.“
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Dienstag, 5. Juni 2012

Nicht (ganz) von Pappe: Die Trabi-Story


Unterschiedliche Verpackung, (fast) gleicher Inhalt: Trabi-Bücher von Matthias Röcke
Manche Leute meinen, mein Auto sei ein rollender Witz. Ich mach's kurz: Ja, es hat zwei Zylinder, 600 cm³ Hubraum und 26 heitere PS. Ich fahre einen Trabant 601 – und wäre der nicht so entsetzlich rostanfällig (aus „Pappe“ bzw. Duroplast besteht nur die Außenhaut, darunter verbirgt sich eine Stahlblechkarosserie), wäre ein Leben mit ihm fast schon übertrieben spaßig.

Die Trabi-Story (Parragon Verlag)
Schon seine Geschichte ließe sich zweifellos auf den Plot eines schmierigen Politkrimis herunterbrechen: Tapfere Ingenieure entwickeln gegen den Willen der herrschenden Partei ein Auto und bringen es sogar bis zur Serienreife. Ein Auto, dessen Aufstieg und (Ver)fall zum Symbol für das ganze Land wird.

Die Trabi-Story (Parragon-Verlag)
Stimmt. Und stimmt auch wieder nicht. Denn derart schrill ist die Geschichte des Trabant nur zum Teil. Matthias Röcke hat mit seinem Buch Die Trabi-Story als einer der ersten eine gesunde Synthese aller Trabi-Aspekte geschaffen, ohne in blindwütige „Ostalgie“ oder historische Verklärung zu verfallen. Von der Vorgeschichte um den AWZ P70 spannt er den Bogen über die leise Evolution der verschiedenen Modelle P50, P60 und 601 hin zu erstaunlichen, nicht verwirklichten Projekten und Prototypen. Unzählige Fotos und Prospekt-Auszüge illustrieren das Werk.

Trabant – Alle Modelle (Heel)
Das Buch erlebte beim Heel Verlag zwei Auflagen, eine ursprünglich angekündigte 3. Auflage erschien aber nicht mehr. Statt dessen verkaufte der Verlag eine Lizenz an den Parragon Verlag, der so die Fassung der 2. Auflage unverändert nachdruckte. Format (nun 24,5 x 19,5 statt vorher 30 x 21) und Preis (4,99 Euro) wurden dabei der Größe von Kaufhaus-Wühltischen angepasst. Inhaltlich befindet sich das Werk nach wie vor auf dem Stand von 2004. 

Aufbrechende Klebebindung in
"Trabant – Alle Modelle" (Heel)
Doch Heel brauchte ja wieder ein Trabi-Buch im Programm. In der Reihe „Autos, die noch Typen waren“ schob der Verlag den Titel Trabant – Alle Modelle nach. Dass es sich dabei lediglich um eine sowohl text- als auch bildlich abgespeckte Version der Trabi-Story handelt, schwächt das Profil der ganzen Reihe. Schade, vor allem angesichts des Preises von 14,95 Euro. Die Trabi-Story kostet dagegen nur ein Drittel und ist ausführlicher. Zudem ist sie schöner gestaltet und enthält mehr Bildmaterial. Sogar bei der Verarbeitung  (Hardcover, Fadenheftung) kann die billig-Ausgabe punkten. Der Cousin mit dem seltsamen Reihentitel ist zwar auch ein Hardcover, doch eine aufbrechende Klebebindung und eher mittelmäßige Druckqualität (übersättigte Farben) machen keinen guten Eindruck. Lieber Heel-Verlag, soll das ein Witz sein?

Matthias Röcke: Die Trabi-Story. 144 Seiten, Format 24,5 x 19,5 x 1,4 cm, Hardcover, Parragon Verlag, 4,99 Euro, ISBN 978-1-44546-266-0

Matthias Röcke: Trabant – Alle Modelle (Reihe "Autos, die noch Typen waren"). 112 Seiten, Format 27,5 x 22 x 1,4 cm, Hardcover, Heel, 14,95 Euro, ISBN 978-3-86852-372-0

Montag, 28. Mai 2012

Jetzt oder nie: CARS NOW! Vol. 1



Was macht eigentlich Morgan? Oder Caterham? Und was steckt hinter so obskuren Namen wie Fisker, Great Wall, BYD oder Marussia? Wenn TASCHEN mal ein Autobuch herausbringt, dann eines, das diese Fragen erschöpflich beantwortet. So erschien Ende 2011 in Zusammenarbeit mit dem Magazin Intersection das Buch CARS NOW, per Untertitel nicht weniger als „A Guide to the Most Notable Cars Today“. 

Schon das Vorwort von Intersection-Chef Dan Ross macht neugierig: „[Wir haben] uns nahezu alle Automobilhersteller der Welt genauer angesehen und eine Auswahl an Fahrzeugen zusammengestellt, die unsere Aufmerksamkeit erregt haben“, schreibt er. „Bemerkenswert ist jedoch, dass nur wenige Modelle unsere Seele berührt haben. […] Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob diese neuen Fahrzeuge überhaupt eine Bereicherung für unsere Straßen sein werden.“
Bild: TASCHEN
Auf 512 Seiten kann der Leser das selbst entscheiden: Da macht er Bekanntschaft mit flugzeugähnlichen Elektroautos wie dem von Aptera Motors [Nachtrag: das Unternehmen ist mittlerweile pleite – schade!]. Oder mit den vielfältigen Prototypen zahlreicher anderer Startup-Unternehmen, die zweifellos noch einigen Rückenwind brauchen werden, um sich auf dem Markt etablieren zu können. Viele von ihnen bauen Sportwagen: Der BAC Mono zum Beispiel bringt bei 284 PS nur 540 kg auf die Waage – und ist eigentlich auch nichts anderes als ein straßentauglicher Formel-Rennwagen.
Bild: TASCHEN
Eine Firma wie Local Motors passt ebenfalls gut in das Sammelsurium von CARS NOW. Die Amerikaner bieten für umgerechnet 35.000 Euro das Offroad-Coupé „Rally Fighter“ an, das in nur 2000 Exemplaren als erstes Open Source-Auto der Welt entsteht. Wie ein Auto von Local Motors aussieht, das entscheidet nämlich eine Online-Community, ganz demokratisch. Spätestens an dieser Stelle der Lektüre fällt allerdings auf, dass in CARS NOW durchgängig die Webadressen der Marken fehlen – da sollten die Herausgeber für Vol. 2 noch mal nachbessern!
Bild: TASCHEN
Für europäische Leser besonders aufschlussreich sind natürlich die chinesischen Marken. Aber auch die wahren Helden der Automobilindustrie wurden nicht vergessen. So wird der ohnehin schon staunende Leser darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Hindustan Ambassador noch immer vom Band läuft. Der „King of Indian Roads“ trägt die Karosserie des Morris Oxford und wurde seit 1957 nur inwendig modifiziert. So ist die Anzahl „fabrikneuer“ Oldtimer in CARS NOW erstaunlich hoch; die der Lotus Seven-Nachahmer übrigens auch.
Bild: TASCHEN
Gerade weil CARS NOW sich so sehr im Hier und Jetzt bewegt, werden auch die 2010 und 2011 untergegangenen Marken Pontiac und Mercury nicht vergessen. Letztere wird auf Englisch, Deutsch und Französisch mit klaren Worten bedacht: „Wird jemand der Marke eine Träne nachweinen? Kaum, denn der Autohersteller aus Dearborn galt allgemein als uninspirierter Ableger, der schon seit Jahrzehnten im Abwärtstrend war. Zu den Höhepunkten gehört die Einführung des europäischen Capri in den USA – weitere Heldentaten gab es nicht.“

Daniel Alexander Ross: CARS NOW! 512 Seiten, Format 19,6 x 24,9 x 3,5 cm, Flexicover mit Klappen, Taschen Verlag, 29,99 Euro, ISBN 978-3-8365-1984-7.



Donnerstag, 26. Januar 2012

Autobücher im Netz (3): Von innen und außen

Bild: Debeos Studios

Das hat noch gefehlt: Ein Bildband über Auto-Innenräume! Dieser hier ist zwar „nur“ der Marke Mercedes-Benz gewidmet, schildert dabei aber die „Geschichte der Innenraumgestaltung von den Anfängen des Automobils bis zur Gegenwart und bietet dem Leser interessante Einblicke in die Modelle von morgen.“ Durch spezielle Druckveredelung soll zudem ein dem Thema angepasstes, haptisches Erlebnis geschaffen werden. Das alles klingt viel versprechend, und ist – der Leseprobe nach zu urteilen – mit phantastischen Fotos ausgestattet!
Harry Ruckaberle, Christof Vieweg: Mercedes-Benz Design Interieur. Debeos-Studios 2011. 202 Seiten, Format 25 x 30 cm. Über 180 Abbildungen, davon 14 in 3D (Brille im Buch). ISBN 978-3-9814397-1-7 (deutsch), 978-3-98114397-2-4 (englisch). Preis: 98 Euro zzgl. Versandkosten. Achtung, limitierte Auflage!

Auch rund um die zweite Stuttgarter Marke finden sich immer wieder Themen, die noch nicht als Buch verwurstet wurden. Andreas Gabriel ist Autor und Verleger in Personalunion; zuallererst ist er aber Porsche-Fan. Da fiel es ihm wohl leicht, eine noch unbesetzte Nische zu finden: Porsche Speedster – auf den Spuren einer Legende heißt sein Buch. Zitat: „Dieser umfassende Bildband mit faszinierenden Aufnahmen erzählt erstmals die komplette Speedster Story, beginnend mit dem Vorläufer Porsche 356 America Roadster aus dem Jahr 1952 bis hin zum letzten 911 Speedster aus dem Modelljahr 2011.“ Das Magazin Porsche Fahrer meint: „Sieht gut aus, macht was her und geht für 39,80 Euro völlig in Ordnung.“
Andreas Gabriel: Porsche Speedster. Berlin Motor Books 2011. ISBN: 978-3981459203, Preis: 39,80 Euro. Zur Leseprobe!

Die „Autos der Maharadschas“ werden 2012 beim Concours d'Élégance in Pebble Beach eine eigene Kategorie haben. Die Kollegen vom Hemming's Blog haben dies zum Anlass genommen, einen passenden Artikel aus der Zeitschrift Special Interest Autos auszugraben. Very interesting!









Und wenn wir schon von Pebble Beach reden, darf Jay Leno auch mal wieder ran. Diesmal interviewt er Winston Goodfellow, einen der Autoren des Buches „Speed Style and Beauty: Cars from the Ralph Lauren Collection“. In Deutschland ist das Werk (in unveränderter Aufmachung) bei Delius Klasing unter dem Titel „Automobile Raritäten: Die exklusive Sammlung des Ralph Lauren“ erschienen. 

Dienstag, 10. Januar 2012

Statt klebrige Brezeln: Billige Autobücher!

Regelmäßige Bahnfahrer werden am Ende eines Arbeitstages nicht selten in die verwundenen Fänge salzigen Knotengebäcks getrieben. Auch meine Wenigkeit. Deshalb ist es Zeit für Teil 1 einer therapeutischen Selbstläuterung durch billige Autobücher!

Da die Konsistenz der meisten Brezeln zwischen „halb durch“ und „furztrocken“ oszilliert, fällt das Aufhören sogar recht leicht. Wie es noch leichter geht? Ganz einfach: Für's gleiche Geld Autobücher kaufen! Na, die Kurve hab' gerade noch mal gekriegt, oder?
Dank den großen Gebrauchtbuch-Börsen (wie z.B. Booklooker.deZVABAbebooks oder Amazon Marketplace), gelegentlich aufkommender Langeweile, gepaart mit kultiviertem Schatzsucher-Instinkt und dagoberteskem Geiz, kann das Automobil-Geschichten-Bücherregal auch ohne große Finanzkraft wachsen:

Fritz B. Busch: Einer hupt immer.

Die Sache ist so simpel wie einfach: Wer's nicht hat, sollte es ganz dringend brauchen. Typisch Busch:
„Automobilfabrikanten erliegen grundsätzlich dem Irrtum, es handle sich bei den Käufern ihrer Kombi-Wagen ausnahmslos um passionierte Golfspieler. In Wirklichkeit handeln diese mit Altenländer Dauerwurst.“ Ein Exemplar der 4. Auflage von 1965 mit Schutzumschlag kostete mich gerade mal 0,25 € (mit Versand schließlich 1,55 €), es existieren auch diverse rororo-Ausgaben zu ähnlich günstigen Preisen, deren Seiten indes gerne mal durch altersschwache Klebebindung wegflattern.


Ferdinand Hediger: Oldtimer. Interessante Automobile von 1885 bis 1939


Die Reihe der Hallwag-Taschenbücher schnitt Ende der 70er so ziemlich alle Interessengebiete an, stets im handlichen A6-Format. Oberflächlichkeit ist daher Trumpf, aber das macht nichts. Auf einer Doppelseite finden jeweils zwei Automobiltypen Platz: links stehen die beiden Textabschnitte, rechts die Fotos. Eingeteilt ist die Modellauswahl in die Kategorien „Ahnen“ (1885-1904), „Veteranen“ (1905-1918), „Vintage-Wagen“ (1919-1930) und „Klassiker“ (1931-1945) – also all das, was der gemeine Oldtimerfan heutzutage plump unter „Vorkrieg“ subsummiert. Ganz stark runtergekochtes Grundlagenwissen also, damit aber bestens geeignet für Unkundige jener Großepoche. Am Ende findet sich ein nützliches kleines Literaturverzeichnis – schade nur, dass die dort verzeichneten Bücher heute z.T. stolze Sammlerpreise haben. Aber so ist eben der Lauf der Automobil-Geschichten. Preis: lächerliche 0,49 €!

So wird’s gemacht: VW Passat von 8/73 bis 8/80


Die angebotene Ausgabe stammte in etwa vom Anfang der 90er Jahre. Obwohl ich keinen Passat besitze und diese Autos aufgrund ihrer sprichwörtlichen Rostanfälligkeit ohnehin eher meide (die Dinger sind so spießig, dass sie sich nach dem Kauf vor Scham wohl gleich selbst verdauten!), schlug ich bei einem Preis von 1,46 € zu: Der Satz „Neu und noch eingeschweißt“ strahlte mir entgegen wie Nordlichter einem Exil-Eskimo. Ich denke, ich lasse die Folie drauf – spätestens, wenn die historische Buchforschung das Thema „Verpackungstechnik“ für sich entdeckt, ist ein bisschen Anschauungsmaterial bestimmt gerne gesehen!

Frank Lämmel: Kleine Philosophie der Passionen. Autofahren.


Preis: 1,25 €. Was genau dieses Buch will, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen. Und nach der ersten Seite hat mich die Lektüre auch nicht wirklich gepackt. Ich zitiere deshalb mal den Klappentext: „Frank Lämmel, selbst Genußfahrer, erzählt von der Leidenschaft auf vier Rädern, hierzulande und anderswo. Er kennt die Frauen am Steuer und die stets bremsbereiten Beifahrer, er weiß alles über 007-Verfolgungsjagden und Road Movies, berichtet von Rennfahrern, Trampern und Traumwagen, von Pannen und PS-Protzen und von der Liebe im und zum Automobil.“
Klingt auf jeden Fall viel versprechend, also: wer opfert sich?

Fazit: Für den Preis einer halbgaren Brezel kann es ruhig auch mal ein Buch sein. Es macht länger Freude, hält seinen Käufer länger bei Laune und ist nicht so vergänglich. Nur aufessen lässt es sich nicht so gut...

Donnerstag, 5. Januar 2012

Die Komik der Karambolage: Trafic [DVD]


Das Auto und sein Mensch – das ist es wohl, was der französische Komiker und Regisseur Jacques Tati (alias Monsieur Hulot) in seinem Film „Trafic – Tati im Stoßverkehr“ karikieren wollte. Für die Pariser Firma Altra hat Hulot ein revolutionäres Wohnmobil auf Basis eines Renault R4 entworfen, das auf dem Automobilsalon in Amsterdam ausgestellt werden soll. 

Bild: © Studiocanal
Der Transport des Wagens mit einem altersschwachen LKW gerät aufgrund von Pannen zum Fiasko. Ein Höhepunkt des Films ist schließlich eine der berühmtesten Massenkarambolagen der Filmgeschichte: ballettartig inszeniert, endet sie mit kollektiver Gymnastik der Beteiligten inmitten einer grotesk-idyllischen Stille.


Trafic“ nimmt fast alle „Auto-Typen“ der ausgehenden 60er Jahre aufs Korn: vom vulgären Garagisten über den Prospekte sammelnden Steppke, bis hin zum „Daf-Opi“. Neben Hulot spielt Maria Kimberly eine junge, dynamische (und nervtötende) PR-Verantwortliche. Mit ihrem Siata Spring ist sie passend motorisiert und übrigens auch die einzige Figur, die sich für den Zuschauer verständlich artikuliert. Der Film lebt nämlich buchstäblich nicht von Dialogen, sondern von der Hulot-typischen Situationskomik, die uns bei genauerem Hinsehen täglich begegnet: Wer saß denn nicht schon einmal nasepopelnd hinterm Steuer und wartete auf Grün?

Bild: © Studiocanal

Auch das Treiben auf dem Autosalon (er wird eröffnet, während den Altra-Leuten um Monsieur Hulot und PR-Maria eine Panne nach der anderen widerfährt) hat Tati gut beobachtet: Hauben öffnen und schließen sich ebenso häufig wie rhythmisch, Menschentrauben stecken in Motorräumen, und der Stand der kleinen Firma Altra wird schließlich mangels Ausstellungsfahrzeug von einem großen Hersteller annektiert. Der Mensch ist bei alldem eigentlich nur ein Statist, dem Treiben rund um‘s Auto hilflos ausgeliefert; Jacques Tati zeigt dies mit einer Ästhetik, die vom „Wimmelbild“ bis zum Verweilen im Detail reicht.

Bild: © Studiocanal

Autonarren können sich am gesamten Straßenbild der ausgehenden 60er und frühen 70er Jahre erfreuen. Mit dem Abstand von 40 Jahren wird der Film damit auch zur automobilhistorischen Momentaufnahme: Den typischen Daf-Opi gibt‘s schon lange nicht mehr, und auch die Automobilmessen haben sich verändert. Nach 92 Minuten mit Tati im Stoßverkehr sehen Sie ihre Auto-Beziehung garantiert mit anderen Augen – und vielleicht denken Sie ja auch an den Film, wenn Ihr Auto Sie das nächste mal beim Nasebohren ertappt!

Bild: © Studiocanal

Jacques Tati: Trafic – Tati im Stoßverkehr (1971). DVD, 92 Minuten, Mono Deutsch und Französisch, Arthaus/STUDIOCANAL, 9,99 €.