Es gehört Mut dazu, wenn man zur
Jury eines Buchpreises gehört und sich selbst zum Preisträger
machen lässt. OK, ganz so einfach liegen die Dinge beim diesjährigen
ADAC Motorwelt Autobuch-Preis vielleicht nicht. Doch der Duft nach
faulem Wettbewerb liegt trotzdem in der Luft...
Der
ADAC Motorwelt Autobuch-Preis wurde 2012 zum zweiten Mal verliehen.
Auf der Frankfurter Buchmesse. Nicht auf einer großen Automesse.
„Weil‘s da keinen interessiert“, wie Initiator, Jurymitglied, Laudator, Autor
und Preisträger Jürgen Lewandowski auf Nachfrage wissen ließ. Sein
Buch „Die Sportwagen von Toyota – Vom Sports 800 bis zum GT 86“
holte in der Kategorie „Design“ den zweiten Preis.
|
Thomas Burkhardt, Christian Grundmann, Clauspeter Becker, Axel Struwe, Jürgen Lewandowski und "Der erste Brezelkäfer" – 1. Preis in der Kategorie Marke/Typen |
Die
Urkunde dafür ließ sich Lewandowski vom ADAC-Vizepräsident für
Technik, Thomas Burkhardt, überreichen. Lewandowski sei ein
Verfasser von „hervorragenden Büchern“, lobte dieser, „und ihn
hier nur deswegen auszuschließen, weil er in der Jury sitzt oder
weil er das ganze mit eingeleitet hat, wäre aus unserer Sicht nicht
gerechtfertigt.“
Noch
bizarrer erscheint, dass Platz 1 der Kategorie gleich an zwei Titel
vergeben wurde: Zum einen an „Stromlinie“ von Malte Jürgens und
Michael Michel Zumbrunn, und dann noch an „The Mercedes-Benz 300 SL Book“
von René Staud, für das Lewandowski kurze Texte verfasst hatte.
Das
letztgenannte Buch polarisiert: Wer auf bonbonfarbene Studio-Ästhetik
im Schulterpolster-Stil der 80er Jahre steht, wird es lieben. Wer die
Sache nüchtern betrachtet, findet einen 98 Euro teuren
Großformat-Bildband vor, der weder typografisch, noch in Sachen
Druckqualität über Grabbeltisch-Niveau hinauskommt.
|
Tom van Endert vom Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat konnte sich über gleich zwei Preise freuen |
Und
das, obwohl die Kategorie Design zwei Seiten habe, wie Laudator
Lewandowski erläuterte: „Einmal Bücher über Autodesign. Und dann
geht es auch darum – da hat Herr Professor Hufnagl
ganz starken Einfluss drauf
(Mitglied der Jury und
Sammlungsdirektor Design der Pinakothek der Moderne in München, d.
Verf.) – wie Bücher gestaltet
sind: Typografie, Optik, Erscheinungsbild, usw.“ Nunja...
Doch
es gibt auch Erfreuliches zu berichten. So konnte sich der
Münsteraner Verlag Monsenstein & Vannerdat (nicht Vanderratt,
liebe Laudatoren) über gleich zwei Preise freuen:
„Motorrad-Straßen-Rennsport in Deutschland 1946–1950“ in der
Kategorie Motorsport/Rennsport, sowie „Auto-Mobilität: Wie der
Mensch das Laufen verlernte – 500.000 v.Chr. Bis heute“. Beides
gigantische, mutige Projekte, für die Verlag und Autoren größtes
Lob verdienen.
|
Bart Lenaerts und Lies de Mol nahmen nach "Waft 2" (2011) auch in diesem Jahr einen Preis mit nach Hause |
Genauso
verdient ist auch der Sonderpreis für die Faksimile-Ausgabe der
„Einteilung der Rotations-Kolbenmaschinen“ von Felix Wankel, die
der kleine Pagma-Verlag um den Künstler Klaus-Dieter
Eichler in faszinierender Authentizität umgesetzt hat. Und dann wäre
da noch das Buch „Ever since I was a young boy I‘ve been drawing
cars – Die besten Autodesigner der Welt und wie sie wurden was sie
sind“ mit dem Bart Lenaerts und Lies de Mol nach „Waft 2“ auch in
diesem Jahr einen Preis abstauben konnten – allerdings in der
Kategorie „Biographie“.
Sonderpreise
für Titel wie „Deutschland schafft das Auto ab“ und „Krötenmord“
(s.u.) unterstreichen nichtsdestoweniger die Bereitschaft der Jury,
nicht nur dem Mainstream zu huldigen. Über 50 Einsendungen habe es
dieses Jahr gegeben, ließ Lewandowski kurz vor Schluss noch wissen,
darunter auch Projekte wie das des Archivars der Stadt Saarbrücken,
der ein Buch über 125 Jahre Mobilität in der Stadt Saarbrücken
herausgebracht hat. Und an dieser Stelle sei ein Vorschlag zur Güte
erlaubt: Wieso keine Long- und Shortlist anstreben, wie beim
Deutschen Buchpreis? Verlagen und Buchhandel tut dieses Verfahren
erwiesenermaßen gut, weil es die Titel öfter in die Medien und in
den Sinn der Käufer bringt. Und darum geht‘s doch schließlich.
Hier
noch ein paar Zitate zum Selbstauswerten, entnommen aus der
Eröffnungsrede von ADAC Motorwelt-Chefredakteur Michael Ramstetter:
„...wollen
wir Ihnen in der Folge einige ganz herausragende, unterhaltsame, aber
auch durchaus informative und aktuelle Autobücher vorstellen“
„Treibendes
und organisierendes und sehr dominantes Jurymitgleid war natürlich
mein Freund Jürgen Lewandowski, den wir auch in der ADAC Motorwelt
und auch bei den ganzen Publikationen, die im ADAC Verlag erscheinen,
als Berater und Ideengeber sehr schätzen.“
„Alle
19 Preisträger, Autoren und Verleger erhalten jetzt gleich ihre
Preise in Form einer Urkunde. Ein Preisgeld […] gibt es leider bei
diesem Preis nicht. Das ist ein rein ideeller Preis, der aber
durchaus materielle Vorzüge hat. Denn ich verrate Ihnen jetzt schon,
dass wir in unserer Dezember-Ausgabe der Motorwelt
und verschiedenen digitalen Kanälen für die Preisträger
Rezensionen abdrucken, sodass sie im Weihnachtsgeschäft durchaus
damit rechnen können – bei den hohen Auflagen, die der ADAC mit
seinen Publikationen erzielt – dass sie das ein oder andere Buch an
Menschen verkaufen können, die bisher von den Büchern nichts
wussten. Sie kriegen von uns also eine mehr oder weniger durchaus
wertvolle Marketing-Leistung geboten. Der wahre Wert des ADAC
Autobuch-Preises liegt also in den Veröffentlichungen, die wir dafür
vornehmen.“
|
Jürgen Lewandowski mit den Preisträgern 2012 |
Die Preisträger
2012
Die kursiven Zitate sind – sofern nicht anders vermerkt –
den Laudationen von Jürgen Lewandowski entnommen.
Marke/Typen
1.
Clauspeter Becker/Axel Struwe/Christian Grundmann: Der erste
Brezelkäfer – Wiederauferstehung eines Prototypen von 1938. Delius
Klasing, 29,90 €.
„Die
Jury war von dem Buch deswegen begeistert, weil es ja heutzutage
eigentlich mehr als unwahrscheinlich ist, dass jemand in Litauen
einen auf Neu gequälten Käfer sieht, und erkennt, dass sich
darunter ein Prototyp von 1938 befindet. Der dieses Auto aus Litauen
zurückholt und […] in einer liebevollen Restaurierung wieder in
den Originalzustand versetzt. Und es war einfach auch eine glückliche
Idee, hervorragende Autoren und Fotografen die Restaurierung dieses
Wagens, dieses Stücks deutscher Automobilgeschichte, verfolgen zu
lassen.“
Zur Leseprobe
2.
Joe Sackey: Lamborghini Miura – Die Geschichte eines
Traumsportwagens. Heel, 69,95 €.
„Zum
Miura muss man nichts sagen. […] Dieses Auto ist fast 50 Jahre alt
und ist bis heute eine der ganz großen Ikonen. Joe Sacky, der selber
der glückliche Besitzer von mehreren Miuras ist, hat die Geschichte
dieses Wagens fantastisch geschrieben, mit fantastischen Fotos.“
3.
Ulf Kaack: Borgward – Das Kompendium. GeraMond Verlag, 29,95 €.
„Die
gesamte Jury war überzeugt von diesem Buch, weil‘s einfach die
Geschichte einer leider nahezu vergessenen Marke in den Vordergrund
rückt.“
Design
1.
René Staud/Jürgen Lewandowski: The Mercedes-Benz 300SL Book.
TeNeues Verlag, 98,00 €. „René
Staud hat sich schon mit vielen seiner Bilder einen ganz großen
Namen gemacht. Er setzt die Fahrzeuge so in Szene, dass sie plastisch
vor einem stehen, und dass man sie wirklich glaubt, greifen zu
können.“ (Thomas Burkhardt)
1.
Malte Jürgens/Michel Zumbrunn: Stromlinie. Motorbuch Verlag, 298,00
€.
„Das
Buch ist wirklich außergewöhnlich. Es beruht auf einer Ausstellung
in Hamburg und was daraus gemacht wurde ist erstaunlich. Alle Leute,
die sich dafür interessieren, sollten es sich ins Regal stellen, und
sie sollten es rasch tun, denn es gibt nur 1000 Stück. Die gute
Nachricht: Sie haben was Rares. Die schlechte: Es kostet 300 Euro.“
Zur Website mit Leseprobe
2.
Jürgen Lewandowski: Die Sportwagen von Toyota – Vom Sports 800 bis
zum GT 86. Delius Klasing, 39,90 €.
„Auch
die japanischen Fahrzeuge verschwinden noch im Dunkel der Geschichte.
[Besonders in den Anfängen] wurde ganz bemerkenswertes geschaffen.
Dieses Buch ist ein Buch, das in erster Linie das Design zeigt. Das
nicht so sehr die detaillierte Geschichte aufzeigen, sondern
Begeisterung für die Anmut dieser Fahrzeuge wecken will, und das ist
sehr gut gelungen.“ (Thomas Burkhardt)
3.
Paolo Tumminelli: Car Design America – Myths Brands, People.
TeNeues Verlag, 49,90 €. „Wenn man die hunderten von Fotos
sieht und erkennt, was die Amerikaner alles gemacht haben, ist das
sehr beeindruckend und ein wirklich schönes Buch über die
Geschichte des amerikanischen Autodesigns.“
Biographie
1.
Bart Lenaerts/Lies de Mol: Ever since I was a young boy I‘ve been
drawing cars – Die besten Autodesigner der Welt und wie sie wurden,
was sie sind. Delius Klasing, 59,90 €.
„Das
Buch ist völlig alleine bei den Autoren entstanden, und die beiden
sind einfach großartig.“
Zur Leseprobe
2. Elmar Brümmer/Ferdi
Kräling: Sebastian Vettel – Das Leben eines Formel 1-Idols. Delius
Klasing, 29,90 €.
„Die Jury ist der Meinung, dass Herr
Vettel trotz seiner Jugend und trotz der wenigen Jahre, die er im
Geschäft ist, eine überragende Stellung hat. Die Biographie ist mit
den Fotos und mit der Geschichte toll geworden.“
Motorsport/Rennsport
1.
Pierre van Vliet: Jacky Ickx. Delius Klasing, 39,90 €.
„Man
muss sich nur die Titelseite des Buches anschauen, dann weiß man,
dass man hineinschauen möchte.“
2.
Erich Kahnt/Michael Thier/ Ulrich Trispel/Robert Weber: Porsche
Kremer – Eine Erfolgsstory 1962–2012. Petrolpics Verlag, 89,00 €.
„Eine unglaubliche Arbeit. Kremer war über Jahrzehnte eine
der ganz großen Firmen im deutschen Motorsport, und dieses Buch
erzählt wirklich die „Erfolgsstory“.“
3.
Reinald Schumann: Motorrad-Straßen-Rennsport in Deutschland
1946–1950: Deutscher Straßenrennsport nach der Stunde Null.
Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat, 79,00 €.
„Der
Titel klingt unendlich mühsam, es ist aber erneut eine dieser
Fleißarbeiten, die ich gerne mit dem Adjektiv „wahnsinnig“
apostrophiere. Der Verlag Monsenstein & Vannerdat hat damit ein
ganz wichtiges Stück deutscher Motorsport-Historie gerettet, denn in
ein paar Jahren wird es die Leute nicht mehr geben, die diese
Geschichten erzählen können.“
Hier kaufen!
Sonderpreise
Wolf
Wegener: Deutschland schafft das Auto ab. Rosenheimer Verlagshaus,
16,95 €.
„Es
ist dringend notwendig, dass auch jemand, der überzeugt ist von
bestimmten Dingen, fern jeder politischen Korrektheit die Stimme
erhebt und bestimmte Punkte einfach anspricht. […] Es ist gelungen,
einmal wieder ins Bewusstsein zu rufen, was das Auto, was Mobilität
mit dem Auto eigentlich für uns darstellt und wie leichtfertig wir
hier über manche Dinge hinweggehen, in dem Glauben, es sei politisch
korrekt.“ (Thomas Burkhardt)
Ulrich
Biene: Die Siku-Story – Lebendige Autoträume aus Kindertagen.
Delius Klasing, 29,90 €.
„Auch ein Buch das zeigt: Besessenheit ist nicht nur das Auto an sich, sondern drückt sich auch in allem drumherum aus.“ (Thomas Burkhardt)
Andreas K. Vetter: Haus & Auto. Callwey
Verlag, 59,95 €.
„Ein
tolles, neues Thema, das in dieser Form noch nicht publiziert worden
ist.“
Stephan
Schwarz: Krötenmord. Capscovil Verlag, 15,95 €.
„Ein Kriminalroman, der im Auto-Milieu spielt. Den Ansatz fanden auch die Kollegen einfach prima und meinten: Dafür sollte man einen Preis verleihen.“
http://www.capscovil.com/
Matthias Bartz: Dino Compendium 206gt 246gt
246gts. Verlag Matthias Bartz, 160,00 €.
„Ein
Thema, das in dieser Form noch nie bearbeitet wurde. Dieses Buch
beschreibt alles, was es über den legendären Ferrari Dino gibt. Das
Buch ist eine Fleißarbeit sondergleichen!“
Felix
Wankel: Einteilung der Rotations-Kolbenmaschinen (Faksimile und
Kommentarband). Pagma Verlag, 44,95 €.
„Felix
Wankel hat Jahrzehnte damit verbracht, sich alles auszudenken, was
nur irgendwie ineinander greifen kann. Das Original dieses Buches war
ganz schnell vergriffen. Der Pagma Verlag hat es wieder zugänglich
gemacht und die Jury wollte sich einfach dafür bedanken, dass dieses
Stück Geschichte gerettet wurde und nicht mehr mühsam in
Antiquariaten gefunden werden muss.“
Roland
Löwisch: Auto-Mobilität. Wie der Mensch das Laufen verlernte –
500.000 v.Chr. bis heute. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat,
149,00 €.
„Roland
Löwisch behauptet, er habe an seinem Buch 15 Jahre gearbeitet. Ich
glaube, es waren 25. Denn die Fülle an Fakten, die der Autor da auf
400 Seiten zum Thema Automobilgeschichte kann man nicht in 15 oder
oder 18 Jahren zusammentragen. Da braucht man wahrscheinlich sein
Leben lang Zettelkästen. Es ist ein Wahnsinnswerk, in positivem
Sinne.“
Hier kaufen!